Vorgeschichte Ich baue den nordhessischen Bahnhof Epterode an der Strecke Walburg–Großalmerode West als FREMOdul nach. Mein Ziel ist eine möglichst authentische Nachbildung des kleinen Landbahnhofs mit einer Braunkohlenzeche, auch wenn ich aus Transportgründen die Längenausdehnung etwa auf 1:100 einkürzen musste. Dabei stütze ich mich auf historische Unterlagen und vor allem den Gleisplan von 1956. Der Bahnhof ist schon seit vielen Jahren betriebsfähig und im Einsatz, aber »obenrum« ist er aus verschiedenen Gründen noch immer Rohbau. Nach und nach möchte ich mich nun endlich den vielen kleinen Baustellen annehmen, wozu der Nachbau einer Gleiswaage zählt, über den ich hier berichten möchte.
Vorbild
Die (orange markierte) Gleiswaage liegt, wie im Planausschnitt zu sehen ist, zwischen den Gleisen 2 und 3, deren Abstand lediglich 6 m beträgt. Das zugehörige Wiegehäuschen ist kaum breiter als die Eingangstüre und etwa zweieinhalb Meter lang, sollte also im Selbstbau machbar sein. Die Waage war bis vor kurzem noch vollständig erhalten, auch wenn die zuführenden Gleise schon längst abgebaut waren.
Die Bilder zeigen das winzige Gebilde sowie die Gleisbrücke und das Fundament. Schwierig ist dabei die Nachbildung der Brücke, denn die Schienen sind unterbrochen und die Schienenstöße werden durch Stützknaggen gehalten. Da ich kein H0pur-Bahner bin, sehe ich da für mich die größte Herausforderung. Als Modell sind bei den diversen Herstellern daher auch nur Spurkranzwaagen erhältlich, die durchlaufende Schienen haben. Dort wurde der Wiegebalken durch zahlreiche Umdrehungen einer Handkurbel angehoben bis über die Spurkränze der ganze Wagen gehoben war. Die Brückenwaagen waren da schneller und in ihrer Bedienung weniger anstrengend.
In Epterode handelt es sich um eine Reichsbahn-Einheits-Gleiswaage mit 50 t Wiegefähigkeit und 9 m Brückenlänge, die von der Firma Heinrich Welb & Söhne aus Offenbach geliefert wurde. Durch Zufall bin ich an einen Bericht gelangt, der vom Einbau neuer Gleiswaagen in der BD Kassel zu Beginn der 1950er-Jahre handelt. Darin wurden mehrere Musterentwürfe für die Ausführung der Wiegehäuschen bei unterschiedlichen Gleisabständen vorgestellt. Die Ausführung für Gleisabstände zwischen 6,00 und 6,72 m kam mir dabei sehr bekannt vor, handelte es sich bei der Epteröder Gleiswaage offensichtlich um eine exakte Umsetzung des Entwurfs. Charakteristisch sind die Konstruktion aus 4 cm starken Bohlen und das Pultdach, das in Epterode nicht mit Ziegeln sondern nur mit Dachpappe gedeckt ist.
Die vermasste Zeichnung bezieht sich zwar auf die 1,22 m breite Variante, die ab 6,25 m Gleisabstand zum Einsatz kommt (Typ C), doch aus der Übersicht lassen sich auch die wesentlichen Maße des 98 cm schmalen Typ D ableiten.
Damit ist alles vorhanden, um an die Umsetzung ins Modell zu gehen …
Der Bauplatz im Modell Wie bereits erwähnt ist mein Bahnhof schon eine ganze Weile in Betrieb, doch der »Bauplatz« für die Gleiswaage wurde von Anfang an freigehalten. Auf dem zweiten Gleis von rechts ist der Abschnitt zu erkennen, in dem nur einige lose Schwellen die Spur halten. Dort soll die Waage demnächst ihren Platz finden.
Das Fundament Nachdem ich längere Zeit mit einer kupferbeschichteten Pertinaxplatte als Fundament experimentiert hatte, ohne dass mich das Ergebnis zufrieden stellen konnte, bin ich über die Untersuchungsgruben von Auhagen gestolpert. Die dort mit dem Fundament verbundenen Kleineisen sehen in Kombination mit dem von mir verwendeten Tillig-Gleis ganz gut aus. Daher habe ich zunächst die seitlichen Teile von der Grube abgesägt.
Die Streifen, die dabei entstanden sind, sind zwar etwa 0,5 mm dünner als Schwellen, doch durch die höheren Kleineisen kommen die Schienen in der richtigen Höhe zu liegen. Ich habe dann aus 1,5 mm dicken Polystyrol das eigentliche Fundament mit einem entsprechenden Loch für die Gleisbrücke geschnitten. Die Streifen der Untersuchungsgrube bilden um 180 Grad gedreht die Gleisbrücke nach. Der Spalt in der Mitte wird wie beim Vorbild durch Riffelblech abgedeckt.
Um mit den zuführenden Schienen auf die richtige Höhe zu kommen, werden diese vor dem Einbau noch mit 0,5 mm dicken PS-Streifen unterfüttert. Das sollte dann auch dem Vorbild entsprechen, bei dem diese Schienenstücke auf einem Metallprofil befestigt waren, das einbetoniert wurde, wie auf den Vorbildfotos zu sehen ist.
Für die Abdeckung kamen die Riffelblech-Abdeckungen für Untersuchungsgruben von Weinert zum Einsatz. Die besitzen schon die passende Breite und können direkt verwendet werden. Lediglich an zwei Bleche habe ich kleine Griffe aus 0,3 mm Draht angelötet, denn die waren als Klappen ausgeführt Weil die Drahtenden nach unten überstehen, habe ich die runden Aussparungen gefeilt.
Da die sechs Bleche einer Packung nicht für die gesamte Brücke ausreichen, werden an den Enden kürzere Stücke aus 0,2 mm dickem Messing-Riffelblech von Bavaria ergänzt. Nach dem Verkleben der Bleche sollen durch kurze Drahtstücke noch Scharniere für die Klappen dargestellt werden. Damit ist das Fundament schon im Wesentlichen fertig.
Vorbereitung des Wiegehäuschens Die Wände des Wiegehäuschens bestehen aus relativ dünnen Nut-und-Feder-Bohlen. Die wollte ich durch kleine PS-Streifen darstellen, die auf möglichst dünne Platten als Träger aufgeklebt werden sollten. Dafür habe ich zunächst eine ganze Menge an »Brettern« aus 0,3 x 1,5 mm PS-Streifen mit dem »Chopper» abgelängt.
Demnächst geht’s dann mit den Zimmermannsarbeiten weiter.
Ich habe meinen bei Andreas Nothaft gekauft, der ihn, glaube ich, nicht mehr im Programm hat (http://www.andreas-nothaft.de/). Nachfragen würde ich aber dennoch.
sehr interessant! Ich vermute mal, du möchtest den Kohlebunker(?) den man im Bild noch als Pappmodell sieht auch nachbauen? Wenn ja, freue ich mich schon jetzt darauf, denn wenn dieser auch so professionell ausgeführt wird wie die Gleiswaage, dürfte das ein echter Blickfang werden!
klar wird der Kohlebunker auch noch nachgebaut. Glücklicherweise habe ich die Pläne davon und viele Fotos, denn er ist 2003 leider abgerissen worden.
Allerdings diskutiere ich sicherlich noch eine ganze Weile mit meinem Lieblings-Laserdienstleister über die passende Konstruktion im Modell. Solange muss der Pappdummy herhalten ...
Das Wiegehäuschen Ich habe einen freien Nachmittag und die ersten Sonnenstrahlen seit (gefühlten) Monaten genutzt, um neue Fotos zu machen. Weiter geht es mit den Wänden des Wiegehäuschens:
Die Bretter habe ich auf eine Trägerfolie aus 0,15 mm starkem PS geklebt. Leider haben sich die einzelnen Wandteile nach einigen Tagen gebeult, wie man es vom Bauen mit Holz kennt. Abhilfe hat da erst das Gegenkleben einer weiteren 0,5 mm dicken PS-Platte von innen – quasi als »Gegenfunier« – geholfen. Hier sind die vier Wandteile, das Fundament sowie der Fußboden zu sehen.
Für die Nachbildung des Fensters habe ich zuerst ein Profil hochkant von innen in die Öffnung geklebt. Dann wurde außen auf die Bretter die Blende geklebt. Schließlich kam innen der eigentliche Fensterrahmen und der mittlere Steg hinzu. Die Teile wurden flach auf einer Glasscheibe liegend miteinander verklebt, dadurch ließ sich die ganze Wand nachher leicht abheben. Woraus ich das Drahtgeflecht in der Lüftungsöffnung am besten nachbilden kann, ist mir allerdings noch nicht klar …
Um die Ecken zu stabilisieren, habe ich diese mit 1,5 mm Quadratstäben verstärkt. Beim Vorbild sind dort Dreiecksleisten verbaut, doch im Modell hatte ich solche nicht zur Verfügung. Der eingeklebte Boden sorgt dafür, dass die Wände nicht beulen und ihre Form einigermaßen behalten. Vorn kann man erkennen, dass ich die Türbretter einfach auf die Wand aufgeklebt habe, weil bei der Tür des Vorbilds kein Rahmen erkennbar ist.
Die mittlere der drei Wandschichten aus 0,15 mm PS ist auch in der Vergrößerung kaum zu erkennen.
Ich habe beim Aufkleben der einzelnen Bretter diese schon ein wenig »malträtiert«, damit diese gebraucht und nicht zu uniform ausschauen. Der ausgetretene Kleber, der an den schwarzen Verfärbungen erkennbar ist, kann mit einem Glasfaser-Radierer leicht entfernt werden. Spalten an den Ecken sind nicht weiter störend, denn sie werden am Ende noch mit Deckleisten kaschiert.
Bevor ich die Wände endgültig zusammenklebe, werde ich mich als nächstes der Inneneinrichtung in Form des Wiegeständers widmen.
Ortstermin Der Wiegeständer ist zwar auch schon in Arbeit, doch zunächst wollte ich den erreichten Arbeitsstand im Bahnhof überprüfen. Die Schwellen, die ich zur Sicherung der Spur bislang noch im Bereich der Gleiswaage belassen hatte (s. Beitrag #4), habe ich entfernt und das Fundament unter die Schienen geschoben. Der Schacht zum Wiegehäuschen wurde so eingekürzt, dass das Fundament des Häuschens profilfrei angesetzt werden kann.
Die Waage passt gut an den vorgesehenen Platz. Es kann jetzt also mit der Inneneinrichtung und dem Dach des Wiegehäuschens weitergehen. Im Moment bin ich aber am Zweifeln, ob ich zuvor nicht die groben Arbeiten am Modulkasten abschließe. Der Bereich um den Kohlebunker muss noch mit Sperrholz aufgefüttert werden, bevor ich die Außenseiten schleifen, spachteln und schließlich lackieren kann. Ich fürchte, dass ich die Waage beschädige, wenn ich das erst später mache.
die Gleise sind eigentlich ganz normales Industriematerial von Tillig und Peco. Die gesamten Gleise habe ich zuerst mit der Airbrush in Schwellenbraun gespritzt und anschließend die Schienenprofile freihand mit ganz feiner Düse in Rostrot. Das Stahlschwellengleis am Bahnsteig habe ich durchgehend rostig lackiert. Das ist mir aber noch zu dunkel, so dass ich vor dem Schottern sicherlich nochmal drübergehen werde.
Es macht übrigens überhaupt nichts, wenn nicht alles einheitlich gefärbt ist. Im Gegenteil, denn das Vorbild weist sogar ganz unterschiedliche Färbungen bei nebeneinander liegenden Gleisen auf. Ich habe nach einigen Umbauten und Verbesserungen der Gleislage immer wieder nachlackieren müssen, zuletzt die beiden vorderen Gleise samt der DKW. Die leichten Farbunterschiede wirken m.E. eher belebend und realistischer.
Und so könnte es aussehen, wenn ich denn endlich mal weiterkomme. Auf den beiden 25 cm langen Einfahrsignal-Modulen konnte ich meiner Gestaltungswut bereits freien Lauf lassen ...
Nein, keine Angst. Ich würde ja gegen die Regeln verstoßen, da ich die Mini-Module schon vor einigen Jahren gestaltet habe - heute würde ich die Begrünung auch etwas anders machen - und weil ich schon öfter das Stückchen Grün als Fotodiorama benutzt habe.
Richtig erkannt. Das wird einmal ein Bahnsteig, oder vielmehr: das ist der Bahnsteig von Epterode. Ich hatte mir den heute zum Fotografieren zufällig vorgeknöpft, weil ich demnächst an anderer Stelle über den Bau schreiben wollte …
Die Bauweise ist ziemlich speziell, denn auf Betonpfosten lagern quer die eigentlichen Kantsteine aus Beton. Das Material, aus dem der Bahnsteig aufgeschüttet ist, kommt unter dem Kantstein auch wieder etwas hervor. Beim Vorbild sieht das so aus:
Im Hintergrund kann man übrigens die Gleiswaage erkennen – um auf das eigentliche Thema des Threads Bezug zu nehmen.
Nachdem ich in einem ersten Versuch vor ein paar Jahren die Bahnsteigkante aus Polystyrol-Profilen recht plump selbst geschnitten hatte, wollte ich aber unbedingt das typische Fugenbild mit den kleinen Absätzen nachbilden. Mit der heutigen Lasertechnik lässt sich das in 2 mm MDF inzwischen viel besser machen, wie der jetzige Zustand zeigt:
Und rechts neben das Bahnsteigende kommt dann die Gleiswaage …
ich möchte den Thread gerne aus der Versenkung holen, um über den anstehenden Weiterbau der Gleiswaage zu berichten. Seit über drei Jahren hat sich am Nachbau nicht wirklich etwas getan. Grund dafür waren die im Eingangspost beschriebenen und abgebildeten Stützknaggen oder -winkel, die in H0 mit gerade einmal 2 mm Höhe eine recht fummelige Angelegenheit des Nachbauens darstellen – und das gleich in vierfacher Ausführung.
Aber manchmal muss man einfach Geduld haben, denn die Technik schreitet voran. Hatte ich im Exkurs über die Bahnsteigkante bereits davon berichtet, dass ich die Kante in ihrer zweiten Ausführung habe lasern lassen, so ist im Jahr 2014 der 3D-Druck eine für Jedermann verfügbare Technologie.
Ein befreundeter Modellbahner hat dankenswerterweise eine 3D-CAD-Zeichnung des Teils angefertigt, das ich mir hätte bauen wollen. Shapeways hat das dann viermal ausgedruckt und mir zugeschickt, so dass ich bis zum nächsten Einsatz von Epterode Anfang April hoffentlich mit einer kompletten Gleiswaage aufwarten kann.
Ich halte Euch auf dem Laufenden …
Hier sind zur Verdeutlichung zwei dieser Knaggen/Winkel im Vergleich zu einem 1-Centstück zu sehen:
ein schöner Baubericht hast Du erstellt und eine Gleiswaage fehlt auf fast jeder Anlage obwohl diese zu jedem Gleis gehört wo verladen wird. Also fast jeder Bahnhof.
Hast Du schon mal überlegt die Waage funktionstüchtig zu machen? Mit einer Briefwaage dürfte das kein Problem sein. Bei uns hat das einer so gemacht, der Effekt ist verblüffend.
ich hatte auch schon überlegt, ob ich tatsächlich eine funktionierende Waage einbauen sollte. Allerdings habe ich davon wieder Abstand genommen, weil ich auf einem Modul technisch durchaus Probleme erahne (waagerechte Ausrichtung, Wegrollen der Wagen, Erschütterungen bei Transport und Montage des Moduls). Ich wiege tatsächlich ab und zu Wagen, wenn ich sie für den Einsatz im FREMO vorbereite, allerdings mache ich das dann zu Hause auf dem Küchentisch oder auf einem Treffen im Schattenbahnhof.
Bei einer stationären Anlage könnte ich mir durchaus vorstellen, so etwas umzusetzen. Wie das geht, zeigt Tobias Meyer übrigens auf seiner Website: http://www.bf-vln.de/projekte/waage/index.php
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Selbstbau einer Gleiswaage
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29.12.2010 22:22
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