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Dieses Thema hat 13 Antworten
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Miriam Kyselo ( gelöscht )
Beiträge:

24.01.2006 01:17
RE: Denken und Sprache Antworten

Irgendwer?

Finsterer Glockner Offline




Beiträge: 347

24.01.2006 07:18
#2 RE: Denken und Sprache Antworten

Gedacht wird immer! Leider derzeit mehr über KG-Verträge und Co. (Hihi!), denn über viel Osophisches.

Daher auch wenig Sprache hier. Wird sich hoffbaldst ändern, wenn ich in der neuen Wohnung nette Inder installiert habe.

Dirk Hueske Kraus Offline




Beiträge: 32

24.01.2006 18:16
#3 RE: Denken und Sprache Antworten

Zitat
Gepostet von Miriam Kyselo
Irgendwer?



Ja, hier?!

Gemeinsam zu beknuspernde Probleme, Ansichten, Ideen?

Miriam Kyselo ( gelöscht )
Beiträge:

25.01.2006 00:45
#4 RE: Denken und Sprache Antworten

Ah. Wunderbar. Also wie sieht es aus?
Funktioniert Denken (u.a.) in natürlicher Sprache?
Funktioniert Denken in Mentalesisch (Sprache des Denkens - Fodor)?
Ist Denken eigentlich unbewusst?
Welche Rolle spielt innere Rede?
Wie können wir uns Sprachverarbeitung bzw. Sprachproduktion, Denken im Hirn realisiert vorstellen?

Funktioniert das alles mit Symbolverarbeitung (wie im Computer)?

Sind Worte Abkürzungen für Konzepte?

Sind Worte Label für logische Relationen, Abkürzungen für rekursive Anhäufungen von elementaren Relationen?

Eine Phänomenologie des Denkens kommt doch auch ohne Sprache aus (Visualisierungen, Hörbilder u.s.f.) - weshalb sollten wir annehmen, dass die "Sprache" des Denkens überhaupt Ähnlichkeiten mit Sprache haben muß(Regelhaftigkeit, Kompositionalität, Systematizität, Produktivität)?

Oder lieber 'n Text?

Hartwig Kinder ( gelöscht )
Beiträge:

25.01.2006 10:07
#5 RE: Denken und Sprache Antworten

Zitat
Gepostet von Miriam Kyselo

1.Funktioniert Denken (u.a.) in natürlicher Sprache?
2. Funktioniert Denken in Mentalesisch (Sprache des Denkens - Fodor)?
3. Ist Denken eigentlich unbewusst?
4. Welche Rolle spielt innere Rede?
5. Wie können wir uns Sprachverarbeitung bzw. Sprachproduktion, Denken im Hirn realisiert vorstellen?

6. Funktioniert das alles mit Symbolverarbeitung (wie im Computer)?

7. Sind Worte Abkürzungen für Konzepte?

8. Sind Worte Label für logische Relationen, Abkürzungen für rekursive Anhäufungen von elementaren Relationen?

9. Weshalb sollten wir annehmen, dass die "Sprache" des Denkens überhaupt Ähnlichkeiten mit Sprache haben muß




Jawoll, S´Mirl ist unverkennbar wieder unterwegens. Sei gegrüßt, Du Holde. Leider ist der große Geist von Josch nur selten anwesend, andererseits bietet das laienhaften Egozentrikern Gelegenheit aus ihrem Denkarium zu schildern. Zumindest, was die ersten 4 Punkte betrifft, für die reicht Zeit und Selbstbetracht.

ad 1, ad 2, ad 3:
Sowohl als wohl als auch. Auf mehreren Ebenen verteilt denkt es in mir, verwendet dabei jedoch selten das gesprochene Wort. Dieses wird manchmal eingesetzt, wenn ich bewußt denke, also etwas ganz bestimmtes denken will, wie z.B. beim Schreiben. Mentalesisch ist eine Sprache des Spiels der Empfindung zwischen Konzept und Kontext, der ab und an Formierung in nur hier und jetzt genau dieses bedeutende Worte. Das Wort setzt das Ich voraus. In unseren besten Momenten jedoch sind wir praktisch im Erleben, das "Ich" daher nicht da. Dann läuft irgendwann etwas schief, es tönt "Mist, hätte ich doch" und schon ist die Formulierung des Redners vor dem Ohr des Beweisführers (R.A. Wilson) in Gang gekommen. Und meint zusammen mit dem Dialogpartner ein "Ich" zu sein.

ad 4: Sicherlich eine olle Kamelle, wenn man sich durch die nenschigen Geschichtsbücher werkelt, aber hier beim Leuchtfuß doch neu: Wenn Du das bist, der da spricht in Dir, wer ist denn der, der zuhört? Die innere Rede als ständige Abstimmung zwischen Wahrgenommenen, alten Konzepten und Werten und dem dazugehörigen Kontext: Die andauernde innere Sabine Christiansen, genauso schlecht informiert, genauso unhöflich, genauso in den Vordergrund drängelnd und vorlaut, dennoch für viele scheint´s unverzichtbar.

Rodsi Knoedel Offline




Beiträge: 236

25.01.2006 10:36
#6 RE: Denken und Sprache Antworten

Zitat
Gepostet von Miriam Kyselo

Ist Denken eigentlich unbewusst?
Welche Rolle spielt innere Rede?



Ach, herrlisch! Miriam, sei mir herzlichst gegrüßt!

Zum ersten Punkt muss ich mal ganz blöde fragen, was eigentlich das Unbewusste ist. Vom wissenschaftlichen Standpunkt aus (zumindest für die Anti-Freudianer) kann das lediglich nur eine angenommene Kategorie sein. Bewiesen wurde sie nie. Kann man denn, wenn es um Denken geht, mit etwas argumentieren, von dem man lediglich annehmen kann, dass es existiert? Also, Denken lässt sich ja schon nachweisen. Aber das Unbewusste?

Zum zweiten Punkt: Den kann ich nur aus literaturwissenschaftlicher Sicht beurteilen und da ist die innere Rede mordsmäßig wichtig! Es erlaubt dem Autor, seine Figur zu "psychologisieren", also den Leser ins Innere der Figur blicken zu lassen. Da stellt sich dann eigentlich dieselbe Frage, wie sie Hartwig gestellt hat: Gibt es zwei sprachliche Identitäten? Die innere und die äußere? Also, ich kann von mir sagen, dass ich innerlich sehr viel mehr schimpfe, beleidige und ein gruseliges Gossenvokabular pflege, das ich sonst nicht nach außen lasse. Die inneren Schimpftiraden sind oberklasse mit Sahnehäubchen und Kirsche oben drauf. Nach außen bin ich dann aber sehr gepflegt im Reden. Das Innere bricht nur unter zu viel Alkohol nach außen und Knöpfchen sei dank leb ich ja nur noch von Apfel- und Kirschschorle. Aber das wolltest du sicher alles gar nicht wissen.....Also: Mich interessieren die zwei zitierten Punkte. Die anderen interessieren mich auch, da kann ich aber 0 mitreden. Da les ich nur.


Notiz an mich: Siehste, Rodsi, war doch gar nicht so schwer mit dem ersten Kommentar.

Rapollo ( gelöscht )
Beiträge:

25.01.2006 21:30
#7 RE: Denken und Sprache Antworten

Zum ersten Punkt muss ich mal ganz blöde fragen, was eigentlich das Unbewusste ist. Vom wissenschaftlichen Standpunkt aus (zumindest für die Anti-Freudianer) kann das lediglich nur eine angenommene Kategorie sein. Bewiesen wurde sie nie.

Doch, ich denke, dass die Experimente von Libet die Beziehungen zwischen dem Bewussten und dem Unbewussten und die Existenz des Letzteren empirisch bewiesen haben. Eine Rezension dazu findest du hier: http://kwakuananse.twoday.net/stories/1412841/

Zum zweiten Punkt: Den kann ich nur aus literaturwissenschaftlicher Sicht beurteilen und da ist die innere Rede mordsmäßig wichtig! Es erlaubt dem Autor, seine Figur zu "psychologisieren", also den Leser ins Innere der Figur blicken zu lassen. Da stellt sich dann eigentlich dieselbe Frage, wie sie Hartwig gestellt hat: Gibt es zwei sprachliche Identitäten? Die innere und die äußere?

Der Gruber hat einen kurzen Artikel über das "Mentalesisch" geschrieben, auf das sich Miriam bezogen hat, guckst du hier: http://kulturtechnik.twoday.net/stories/1402042/. Es ist offensichtlich so, dass wir nicht ausschließlich in Worten denken. Das merkt man dann, wenn man innere Bilder, erinnerte Gerüche, Berührungen und ähnliches für andere in Worte fassen will, das kann sehr schwer fallen. Es ist eine echte Übersetzung, um kommunizieren zu können.

Dirk Hueske Kraus Offline




Beiträge: 32

26.01.2006 09:47
#8 RE: Denken und Sprache Antworten

ein paar unbeholfene Versuche von meiner Seite

Funktioniert Denken (u.a.) in natürlicher Sprache?
Teils, teils. Du hast ja auch "u.a." geschrieben. Wie so oft dürfte auch hier ein Teil des Problems in der Begrifflichkeit liegen. "Denken" ist sicher das, was ich mache, wenn ich ein mathematisches Problem löse. Aber auch Urlaubserinnerungen Revue passieren lasse. Mir eine Variation des Lachslasagnerezepts ausdenke. Ein Gedicht schreibe. Oder diesen Kommentar verfasse. Bei einigen dieser Aktivitäten (z.B. dem Gedicht) ist Sprache Objekt des Denkens, bei einigen sicher auch Instrument. Unlängst hatte ich eine kleine Knobelei (so ähnlich wie die Logelei aus dem Zeitmagazin), und da habe ich genau beobachten können, wie ich immer zwischen der sprachlichen Formulierung und einem intuitiven Logikkalkül hin und her sprang. Dieser Kalkül war sehr sprachähnlich. Nun ist Introspektion ja nichts Beweisendes, aber einen deutlichen Fingerzeig gibt sie halt doch. Auf der anderen Seite gibt es sicher intuitive, subsymbolische, un-formale, bildhafte etc. mentale Prozesse, die das Etikett "Denken" verdienen.

Ist Denken eigentlich unbewusst?
Zumindest gibt es bisweilen Prozesse von Erkenntnis, Problemlösen, Kreativität, die ohne den Monitor "Bewusstsein" ablaufen. Auch hier wieder die Frage: Meinst Du mit "unbewusst" "nicht bewusst wahrgenommen" oder aber "nicht bewusst gesteuert". Kann für die Antwort womöglich einen Unterschied machen (svv).

Welche Rolle spielt innere Rede?
Im Logelei-Beispiel eine große. Ohne wäre nicht gegangen.

Wie können wir uns Sprachverarbeitung bzw. Sprachproduktion, Denken im Hirn realisiert vorstellen?
Hier strecke ich die Waffen. Nicht die geringste Idee. Ich kann mir überhaupt nichts vorstellen, was in dieser hypertrophen Walnuss passiert.

...weshalb sollten wir annehmen, dass die "Sprache" des Denkens überhaupt Ähnlichkeiten mit Sprache haben muß(Regelhaftigkeit, Kompositionalität, Systematizität, Produktivität)?
Antwortversuch: Weil alles, was wir tun, um die Welt zu erklären, diese Eigenschaften (in wechselnder Mischung) aufweist: Ganz einsichtig natürlich etwa im Bereich der Mathematik:
x Regelhaftigkeit
x Kompositionalität
x Systematizität
X Produktivität

Die selbe Ankreuzliste für Physik gibt das gleiche Ergebnis. Jetzt nimm mal etwas ganz anderes, z.B. eine soziologische Theorie. Oder eine psychologische Schule. Same procedure.
Noch weiter weg: eine Religion.
x Regelhaft, wenn auch auf arbiträrer oder kontingenter Basis
x Kompositional, bisweilen
x Systematisch, durchaus, und auch
x Produktiv: Jep.

Kurz gesagt: In dem Moment, wo wir nach Erklärungen suchen, gehen natürlich (natürlich?), die Erklärungen auf Regelerkenntnis aus: Daher die Regelhaftigkeit. Der beschränkten Fassungskraft des Geistes und unserem ästhetischen Empfinden kommt es entgegen, wenn die Erklärungen systematisch, kompositional und produktiv sind. Also auch hier: Die Struktur unseres Geistes definiert, was wir als Erklärung akzeptieren.

Rodsi Knoedel Offline




Beiträge: 236

26.01.2006 12:04
#9 RE: Denken und Sprache Antworten

Lieber Rapollo.

Also, den ersten Link finde ich - entschuldigung - ziemlich halbseiden. Es wird dort nicht die Existenz des Unbewussten bewiesen, sondern sie wird als Voraussetzung angenommen. Das Beispiel des Fahrschülers, der unbewusst die Handlungen ausführen kann, um sich auf andere bewusst du konzentrieren, nennt man Lernen. In Lernprozessen werden im Gedächtnis Skripte angelegt, die immer wieder abrufbar sind. Das würde nach Libet bedeuten, es gibt bewusstes und unbewusstes Gedächtnis. Das halte ich für ganz groben Käse.
Das Beispiel A, die Aufforderung, einen Körperteil bewusst zu bewegen und dass eher Gehirnströme gemessen wurden, als der Probant angab, die Entscheidung zur Bewegung bewusst gefällt zu haben: Kann sowas nicht auch "reflexartig" passieren? Ich meine, einer sagt zu mir: "Lauf los." und ich gehorche dem. Oder ich ziehe schon eher die Hand von der kochend heißen Herdplatte weg, bevor ich denke, dass die aber heiß ist. Das ist für mich Reflex. Tiere haben auch Reflexe. Haben die dann ein Unbewusstsein? Wenn ja, müssen sie dann doch auch ein Bewusstsein haben, oder?
Gib mal bei google es gibt kein Unbewusstsein ein. Da werden einige Links geliefert, in denen mit guten Argumenten das Unbewusstsein angezweifelt wird. Es gibt Konzepte, die "unbewusste Handlungen" für mich schlüssiger und einleuchtender erklären. Aber man kann sich ja darüber streiten.

Zum zweiten Punkt: Natürlich denken wir nicht ausschließlich in Worten. Es gab in den 80ern (?) Versuche mit Analphabeten, bei denen rausgefunden wurde, dass sie eher in Bildern denken und weniger in Sprache und ihnen deshalb Lesen und Schreiben schwerer fällt oder dieses zu erlernen. Einen schönen Link gibts auch hier: Es ging ja auch in der Frage von Miriam darum, welche Rolle die innere Rede spielt und nicht, ob sie ausschließlich existiert....zumindest hab ich es so verstanden.

Ps.: Ich entschuldige mich schon vorab für einen etwas schroffen Tonfall, der nicht so gemeint ist. Ehrlich.

[ Editiert von Rodsi Knoedel am 26.01.06 17:04 ]

Miriam Kyselo ( gelöscht )
Beiträge:

27.01.2006 00:56
#10 RE: Denken und Sprache Antworten

Zitat


Daher auch wenig Sprache hier. Wird sich hoffbaldst ändern, wenn ich in der neuen Wohnung nette Inder installiert habe.



Mir fällt auf, dass unabhängig von und so weiter, Nensch 'ne gar nicht so schlechte Struktur hatte...

Miriam Kyselo ( gelöscht )
Beiträge:

27.01.2006 01:04
#11 RE: Denken und Sprache Antworten

Zitat


ad 1, ad 2, ad 3:
Sowohl als wohl als auch. Auf mehreren Ebenen verteilt denkt es in mir,



Du meinst, es denkt mehr als sprachlich? Also denken wir sprachlich?

Zitat

Mentalesisch ist eine Sprache des Spiels der Empfindung zwischen Konzept und Kontext, der ab und an Formierung in nur hier und jetzt genau dieses bedeutende Worte.



Ich dachte, Mentalesisch funzt unbewusst? Willst Du mich ärgern oder was soll das bedeuten - Spiel der Empfindung...?



Zitat

Das Wort setzt das Ich voraus.


Glaub' ich nicht. Wenn 'Ich' jetzt irgendwas mit 'ner kohärenten Präsentation von sich selbst (Selbstmodell) zu tun haben soll - wozu? Wir sprachformulieren doch ganz ohne dies?


Zitat

ad 4: Sicherlich eine olle Kamelle, wenn man sich durch die nenschigen Geschichtsbücher werkelt, aber hier beim Leuchtfuß doch neu: Wenn Du das bist, der da spricht in Dir, wer ist denn der, der zuhört? Die innere Rede als ständige Abstimmung zwischen Wahrgenommenen, alten Konzepten und Werten und dem dazugehörigen Kontext: Die andauernde innere Sabine Christiansen, genauso schlecht informiert, genauso unhöflich, genauso in den Vordergrund drängelnd und vorlaut, dennoch für viele scheint´s unverzichtbar.



Wie es uns scheint also?!

Gast ( gelöscht )
Beiträge:

27.01.2006 17:20
#12 RE: Denken und Sprache Antworten

Ich denke, dass du unter dem Unbewussten etwas anderes als ich verstehst. Deshalb meine Vorstellungen davon: Bewusstsein ist alles das, was uns bewusst ist, d.h. was wir wenigstens potenziell (im biografischen Gedächtnis) als wieder abrufbare Erinnerung ablegen können. Im Gehirn wird aber noch viel mehr gemacht: Steuerung des Herzschlages, der Darmperistaltik und der Arme und Beine beim Laufen. Die unbewusste Steuerung der Arme und Beine lernen wir in der Kindheit, den Herzschlag und die Verdauung hat ein Mensch schon drauf, wenn er auf die Welt kommt. Deshalb ist die Leugnung des Unbewussten absurd, seine Existenz muss tatsächlich nicht erst bewiesen werden.

Libets Experimente zielten darauf ab, herauszufinden, ab wann ein unbewusster Vorgang bewusst wahrgenommen werden kann. Dabei konzentrierte er sich auf den einzigen Parameter "Reizdauer". Eines seiner Experimente ging wie folgt: Es wurden nacheinander zwei Lampen eingeschaltet. Irgendwann beim Leuchten der beiden Lampen wurde zusätzlich ein kleiner elektrischer Impuls gegeben. Danach sollten die Versuchspersonen einen von zwei Knöpfen drücken, je nachdem, ob sie den Impuls während des Leuchtens der einen oder der anderen Lampe gespürt haben. War der Impuls sehr kurz, war das Ergebnis zufällig, d.h. 50 zu 50. Mit steigender Reizlänge wurde das Ergebnis besser, obwohl die Versuchspersonen bei Reizlängen kleiner 500 ms immer noch keine _bewusste_ Wahrnehmung des Reizes hatten. Bei knapp 500 ms waren sie sich nicht sicher, und ab 500 ms nahmen sie den Reiz bewusst war. Schlussfolgerung: Das Unbewusste ist immer, Bewusstsein erfordert eine minimale Reizlänge, der Übergang zwischen dem Unbewussten und dem sicher Bewussten ist fließend mit verschiedenen Graden der Bewusstheit.

Das Ganze hat mit Freud zunächst mal gar nichts zu tun. Er hat die Sache von der anderen Seite, dem menschlichen Verhalten und einer Begründung seiner Ursachen, betrachtet. Freud kommt deshalb erst ins Spiel, wenn es um ganz andere Experimente geht. Zum Beispiel gab es wohl Untersuchungen, bei denen bestimmte Personen Details in Bildern einfach nicht sahen (z.B. sexueller Natur), die andere sehr wohl wahrgenommen haben. Das kann man neurophysiologisch (nicht nur -psychologisch!) so interpretieren, dass bereits die unbewusste Verarbeitung die Signale so war, dass sie vom Bewusstsein nicht "abgelesen" werden konnten. Dazu sagt Libet nur, dass die relativ lange Zeit, die das Gehirn für einen bewussten Vorgang braucht, ausreicht, um die unbewusst natürlich bei allen gleichen optischen Signale entsprechend umzuarbeiten. 500 ms bedeuten bei 1 ms je Neuron, dass das Signal über ca. 500 Synapsen gelaufen sein muss. Vom Auge bis zum visuellen Kortex sind es zum Beispiel nur etwa 6!

Es gibt eine ganze Vielzahl von Experimenten, die belegen, dass von uns nicht bewusst wahrgenommene Reize unser Verhalten beeinflussen. Mir fällt da zum Beispiel noch die folgende "Colawerbung" im Fernsehen ein. Man hat Einzelbilder in Filme eingeblendet, die man nicht bewusst sehen konnte (weil ja jedes Bild nur 40 ms stehenbleibt), die Leute sind zum Kühlschrank gegangen und haben sich was zum Trinken geholt. Inzwischen ist so etwas explizit verboten.

Rodsi Knoedel Offline




Beiträge: 236

30.01.2006 15:54
#13 RE: Denken und Sprache Antworten

Lieber Gast, Rapollo, wer auch immer.

Erstmal zu der Colawerbung: Dieses "Experiment" wurde von James Vicary in den 50er Jahren in New Jersey durchgeführt. Vicary gab später zu, diese Studie erfunden zu haben, um sein Geschäft anzukurbeln (er leitete ein Marketing-Unternehmen). Was die Verarbeitung und Wahrnehmung von nicht-bewussten Reizen anbelangt, kann ich diese Seite hier empfehlen: . Dort steht dann unter dem Link zu "Hat die Legende doch Recht?" Folgendes:

Unsere Ergebnisse und Dissoziationen scheinen Vicarys Idee, dass unterschwellige Werbung funktioniert, zu stützen. Aber würden unsere Versuchspersonen tatsächlich Popcorn kaufen, wenn man als Testreiz die Worte „Iss Popcorn!“ zeigen würde? Wahrscheinlich nicht.

Der Grund dafür ist einfach. Wir kaufen Popcorn, wenn wir Popcorn kaufen wollen, so wie wir Tasten drücken, wenn wir Tasten drücken wollen oder sollen. Nicht-bewusste Information wirkt im Zusammenspiel mit unseren Absichten. Wir sind ihr nicht hilflos ausgeliefert.

Mit dieser Frage hat sich unsere Arbeitsgruppe intensiv beschäftigt. Unsere Ergebnisse lassen nur einen Schluss zu: Menschen können nur in sehr begrenztem Maße durch nicht-bewusste Information manipuliert werden. Was hat uns zu dieser Überzeugung gebracht?

Ausgangspunkt unserer Forschung ist die Vermutung, dass nicht-bewusste Information nur dann verarbeitet wird,

1.
wenn ein Handlungsplan vorliegt, der eine ganz bestimmte Handlung und die Merkmale der Situation (z.B. die Farbe oder Form eines Reizes) definiert, die gegeben sein müssen, damit die Handlung ausgeführt wird, und
2.
wenn die Situationsmerkmale (z.B. der Testreiz) zu diesem Handlungsplan passen (1).

Wenn ich also im Kino sitze und mein Handlungsplan ist, mir einen Film anzusehen (das wäre die definierte Handlung), sollte demnach die Aufforderung, Popcorn zu kaufen, wirkungslos sein. Aber die Theorie geht noch weiter: Wenn ich mich irgendwann später entschließe, Cola oder Eis zu kaufen (ohne dass ich ganz schlüssig bin, was von beidem ich kaufen werde), dann sollte die Botschaft „Iss Popcorn!“ ebenfalls wirkungslos sein, weil sie nicht zum Handlungsplan passt (Cola zu kaufen oder Eis zu kaufen).


Es gibt auch weiterhin einen Link zum Unbewussten. Dabei muss ich auf deine Aussage "Das Ganze hat mit Freud zunächst mal gar nichts zu tun." zurück kommen. Wenn wir hier vom Unbewussten reden, müssen wir uns auf eine Basis einigen. Nutzen wir den Begriff als wissenschaftlichen Terminus, kommen wir um Freud nicht drumrum (auch wenn er nicht der Entdecker des Unbewussten ist)! Nutzen wir den Begriff umgangssprachlich, können wir ab sofort von allen möglichen Dingen reden! Auch ist die Argumentation sehr unscharf, wenn du schreibst:

Zitat
Im Gehirn wird aber noch viel mehr gemacht: Steuerung des Herzschlages, der Darmperistaltik und der Arme und Beine beim Laufen. Die unbewusste Steuerung der Arme und Beine lernen wir in der Kindheit, den Herzschlag und die Verdauung hat ein Mensch schon drauf, wenn er auf die Welt kommt. Deshalb ist die Leugnung des Unbewussten absurd, seine Existenz muss tatsächlich nicht erst bewiesen werden.



Nochmal: Auch bei Tieren werden lebenserhaltende Prozesse wie Herzschlag, Atmung und Verdauung durch das Nervensystem gesteuert. Tiere haben kein Bewusstsein. Das heißt aber noch lange nicht, dass sie dann ein Unbewusstsein haben, wenn sie sich ihrer selbst nicht bewusst sein können. Motorische Steuerungen dagegen können erlernt werden (Bewegung der Arme und Beine). Lernen bedeutet aber noch lange nicht, dass Wissensinhalte vom Bewusstsein ins Unbewusstsein transferiert werden! Hier stehen wunderbare Definition für Lernen, unter anderem diese hier:

Zitat
Lernen: "das Aneignen von Wissen und Kenntnissen bzw. das Einprägen in das Gedächtnis. Das L. beinhaltet v. a. auch den Vorgang, im Laufe der Zeit durch Erfahrungen, Einsichten o. Ä. zu Einstellungen und Verhaltensweisen zu gelangen, die von Bewusstsein und Bewusstheit bestimmt sind."



Zum Schluss noch die Argumente, die für mich das Unbewusste als Gegenkategorie zum Bewusstsein als irrlevant bezeichnen, wenn nicht sogar dessen Existenz ausschließen:

Max Planck: Zwar spielen sich sicherlich viele Vorgänge, vielleicht sogar die ausschlaggebenden, in unserem Unterbewußtsein ab. Aber diese sind einer wissenschaftlichen Behandlung nicht fähig. Denn eine Wissenschaft des Unbewußten oder Unterbewußten gibt es nicht. Sie wäre eine contradictio in adjecto, ein Widerspruch in sich. Was unterbewußt ist, weiß man nicht. Daher sind alle Probleme, die sich auf das Unterbewußtsein beziehen, Scheinprobleme." Quelle

Freud selbst hat das Unbewusste als nicht empirischen Begriff, sondern als theoretischen Begriff hingestellt und gibt damit zu, dass es empirisch nicht nachweisbar ist.Quelle

"Wir brauchen eine eindeutige Begriffsklärung. Wir wissen noch nicht einmal, was Unbewußtsein ist. Habe ich, wenn ich in der Narkose liege, eine andere Art von Unbewußtsein, als wenn ich Dinge tue, an die ich mich nicht mehr erinnern kann, weil sie automatisiert ablaufen? Wenn ich aber Bewußtsein nicht definieren kann, kann ich auch kein experimentelles Paradigma erstellen, in dem ich dann Bewußtsein teste." Quelle

Bitte, Gast/Rapollo/wer auch immer sich hinter dahinter verbirgt: Können wir uns darauf einigen, wenn wir von dem reden, was du meinst, als "nicht-bewusst" zu sprechen? Das wäre für die begriffliche Abgrenzung wirklich hilfreich, um nicht Dinge miteinander zu vermengen, die nicht zusammen gehören. Das wird sonst eine widerliche Schwammdiskussion und nicht sehr ertragreich.

Wenn wir jetzt von dem ausgehen, was du meinst: Sag mal, kann Denken und Sprache dann nicht-bewusst ablaufen? Nach deinen Ausführungen müsste man diese Frage klar mit nein beantworten, es sei denn, Denken ist sowas wie Darmtätigkeit oder die Bewegung von Armen und Beinen....

Miriam Kyselo ( gelöscht )
Beiträge:

31.01.2006 00:08
#14 RE: Denken und Sprache Antworten

Knödel: Ja - innere Rede als eine evtl. Form des Denkens.

Ganz kurz:


Innere Rede


1. Als Meta-Repräsentation von Denkprozessen und Denkinhalten für Auslagerung von Konzepten (Kommunikation) und Abstraktion von Konzepten (Augmentierung kognitiver Leistung)

1.1 zum Verfügbarmachen mentaler, komplexer Konzepte
1.2 Abstraktion von Konzepten
1.3 Abstraktion wird durch Verschlüsselung in Worte
geleistet
1.4 Worte sind transportierbar, deshalb können die
abgekürzten Konzepte transportiert werden
1.4.1 transportiert um für eigene höherstufige Denkprozesse zur Verfügung zu stehen
1.4.2 transportiert, um eigene Konzepte "mitteilbar" zu machen und nach außen zu "verlagern"


Frage:


1. Ist das Suchen von Worten, Sätzen, um mentale Konzepte abstrakt und ökonomisch zu beschreiben, Denken?
2. Ist das Arbeiten mit diesen linguistischen Abstraktionen Denken oder liegt der Verarbeitung der mentale Konzepte abkürzenden Sprache Denken zu Grunde?
3. Ist also natürliche Sprache (Dirk) ein Instrument zur Verbesserung der kognitiven Kapazität des Geistes, aber nicht selbst irgendwie mit Denken identisch?

Bitte entschuldigt, dass ich gerade nicht auf alles eingehen kann. Mir ist gerade wenig Zeit und ich bin völlig frustriert, durch die forumelle Imperformanz.

[ Editiert von Miriam Kyselo am 31.01.06 0:10 ]

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